BEYOND STEREOTYPES
SADIE BENNING, KEN FEINGOLD, MASHA GODOVANNAYA, DORIT MARGREITER, ASTRID NIPPOLDT, MARIANA VASSILEVA, MAGDALENA VON RUDY, PAUL WIERSBINSKI

ERÖFFNUNG:
Samstag 8 März 2008
20 Uhr

GEÖFFNET:
9 März — 27 April 2008

In der Gruppenausstellung Beyond Stereotypes präsentiert der NAK Positionen zeitgenössischer Videokunst, die um das Spiel mit unseren schematisierten Vorstellungen kreisen. Während sich der Begriff in der Filmwissenschaft in den letzten Jahren als wichtige Kategorie wissenschaftlicher Auseinandersetzung erwiesen hat, wurde in der Videokunst die Rolle, die Klischees, konventionalisierte Bilder und reduzierte Erzählmuster bzw. Vorstellungswelten im Darstellungsrepertoire spielen, bisher wenig thematisiert. Dabei kann gerade in der Videokunst eine besonders vielfältige und zugespitzte Form der Auseinandersetzung mit Stereotypen beobachtet werden. Im Gegensatz zum filmischen Stereotyp, der vor allem dazu dient, Form und Inhalt für eine breite Rezipientenschicht zugänglich zu machen, findet man in der Videokunst sowohl Formen der radikalen Kritik und Verweigerung als auch die individuelle Aneignung oder lustvolle Überbetonung. Immer jedoch dient der Stereotyp als Köder, um den Betrachter über erzeugte Erwartungen in ein Wahrnehmungsspiel quer über alle Reflexionsebenen zu ziehen.

Ausgehend von Ken Feingolds Arbeit „Un chien delicieux” wird die Frage nach der eigenen Manipulierbarkeit anhand verinnerlichter Erwartungshaltungen gestellt. Das Video zeigt einen alten Burmesen, der sich an die Kreise der Surrealisten in Paris erinnert, die er durch den Anthropologen Michel Leiris kennen gelernt hatte. Während seiner Erzählung verschwimmen Wirklichkeit und Fiktion und die uns gewohnte kulturelle Perspektive kippt in die uns fremde Realität des Burmesen.

Auch Astrid Nippoldts Videoloop “wy o ming” spielt mit unseren standardisierten Vorstellungen der Welt. Sie entwickelt einen hoch dramatischen 90-Sekunden-Western, der ausschließlich aus den bereits vorhandenen Bildern im Kopf des Betrachters entsteht.

In Dorit Margreiters Filminstallation „10104 Angelo View Drive” geht es um Bilder, die von der Filmindustrie vorgeprägt sind. Anhand des spätmodernen Hauses des Architekten John Lautner, das in zahlreichen Filmproduktionen als Stereotyp des gebauten Hollywood Life-Styles vorgestellt worden ist, überprüft sie die Konventionen filmischer Repräsentation und stellt überraschende Überlegungen zur sozialen Determination von Architektur an.

Die Arbeit “the milkmaid” von Mariana Vassileva bezieht sich auf das gleichnamige Gemälde von Jan Vermeer (1658), das durch zahlreiche Abbildungen zum festen Bestandteil des kollektiven Bildgedächtnisses geworden ist. Mariana Vassileva transformiert das Motiv in eine virtuelle Raum- und Zeitlosigkeit, und erzeugt gleichzeitig totale Gegenwärtigkeit.

Die junge polnische Künstlerin Magdalena von Rudy verbindet in ihrer Arbeit „Medusa” auf mehrfache Weise Caravaggios gleichnamiges Gemälde mit Schlüsselszenen aus David Lynchs „Blue Velvet” und der Rolle Jack Nicholsons in „Eine Frage der Ehre”. Durch diese Verschränkung entsteht eine intensive Zusammenschau sexueller Machtrollen und geschlechtlicher Identitätskonstruktion.

Die Videoarbeit der international erfolgreichen Filmregisseurin Sadie Benning mit dem Titel „Girl Power” beschäftigt sich mit den Schwierigkeiten der Identitätsfindung eines jungen Mädchens, das zwischen riot grrl, Pubertät und dem Wunsch nach Geborgenheit dem eigenen Selbst auf der Spur ist. Auf den ersten Blick ähnlich erscheint auch die Arbeit „Untitled No. 1″ der russischen Künstlerin Masha Godovannaya. Der raue, verführerische Tanz eines jungen Mädchens auf offener Straße berührt jedoch vor allem vielfältige romantische Klischees, die oft mit dem Lebensstil der Sinti und Roma verbunden werden. Welchen Wirklichkeitsgehalt diese Vorstellungen jedoch in der Realität haben, ist meist auch eine Frage der eigenen Einstellung.

Paul Wiersbinskis Arbeit “Mystic Powers Help The World Reveal The True Artist” schließlich ist eine ironische Persiflage, die in vier improvisierten Szenen junge Deutsche als Adolf Hitler zeigt. In der gewollten Oberflächlichkeit der Darstellung wird der Umgang mit deutscher Geschichte und den durch diesen hervorgebrachten Stereotypen thematisiert.

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