ANNE-MIE VAN KERCKHOVEN

ERÖFFNUNG:
Samstag 15 Mai 2004
20 Uhr

GEÖFFNET:
16 Mai — 11 Juli 2004

Unter dem Titel “How Reliable is the Brain” stellt sich im NAK ein künstlerisches Werk dar, dessen inhaltliche und mediale Bedeutung in Deutschland bisher kaum bekannt war.
Anne-Mie van Kerckhoven (*1951), Absolventin im Fachbereich Graphik Design der Königlichen Akademie der Schönen Künste in Antwerpen, seit einigen Jahren Dozentin an der Königlichen Kunstakademie in Gent und an der Rijksakademie in Amsterdam, arbeitet seit 1975 parallel in den Bereichen Zeichnung, Installation, Film, Video und digitale Animation. Ihr Werk steht für eine frühzeitige und inzwischen langjährig vollzogene Multimedialität in der Gegenwartskunst, welche anknüpfend an die Präsentation von Valie Export im NAK (Valie Export: Psycho-Prognose, 1998) als Manifest einer nachfolgenden Generation gelten kann.

Das Werk von Anne-Mie van Kerckhoven erschließt sich in einer Auseinandersetzung, die im Titel der Ausstellung “How Reliable is the Brain?”, deutsch: Wie verlässlich ist das Gehirn? eine signalhafte Frage erhält. Seit Beginn ihrer künstlerischen Arbeit bilden wissenschaftliche Theorien den Hintergrund, die sie um 1980 in Zusammenarbeit mit dem Labor für künstliche Intelligenz in Brüssel und dem dortigen Informatiker Luc Steels kennen lernte. Anders als viele Kolleginnen und Kollegen der heute jungen Generation arbeitete Anne-Mie van Kerckhoven nicht mit äußeren, der Fotografie oder dem Film entlehnten Mitteln der Visualisierung, sondern mit einer synthetischen Formfindung, die ihren Anfang stets im subjektiven, von Konturen, Kompositionen und Farben bestimmten Medium der Zeichnung findet.
Alte und neue Medien der Kunst sind in diesem Werk in einem Prozess der Verschleifung zu erfahren. Und auch manipulative Bildbearbeitungen, die beispielweise in van Kerckhovens filmischen Animationen erscheinen, werden hier stets als Nachfolger von zeichnerischem Arbeiten bewusst.

Die künstlerische Auseinandersetzung von Anne-Mie van Kerckhoven ist geprägt von einem sensiblen Bewusstsein für die mentale Befindlichkeit von Menschen in den Spät- bzw. Postzeiten der Moderne. Die kulturelle Situation der siebziger und achtziger Jahre ist ein wichtiges Moment dieses künstlerischen Werks, seiner multimedialen, psychologisch begründeten und interdisziplinär manifestierten Ausrichtung. Es zielt auf Grenzbereiche  des individuellen, weiblichen und männlichen Alleingestelltseins, auf Momente von Kompensation und Überwindung, mithin auf ‚Gratwanderungen’ menschlicher Existenz.