MUGS
YANA YO
ERÖFFNUNG:
Freitag 25 Oktober 1991
20 Uhr
GEÖFFNET:
26 Oktober
10 November 1991
ZU DEN ARBEITEN VON YANA YO
Eine Malerin findet zur Malerei zurück – mit der Medien-Erfahrung im Gepäck. Die Meisterschülerin bei Karl-Horst Hödicke in Berlin gab zu Beginn der 60er Jahre die Malerei auf und widmete sich einige Jahre lang Performance, Musik und Film. Diese Bereiche flossen in ihrem Engagement bei den „Notorischen Reflexen” zusammen, mit denen sie bis 1985 auftrat. Mit Blick auf ihr bildkünstlerisches Werk ist gerade diese Erfahrung einer Synästhesie in der Praxis, die nachhaltig Wirkung zeitigt.
Seit 1986 malt Yo wieder, doch kann sie dies natürlich nur unter dem Vorzeichen der praktizierten „Time Based Arts” tun. Eine der ersten Konsequenzen: Das einzelne Bild ist keine Einheit mehr. Vielmehr setzt es sich aus kleinen Einheiten zusammen, die entweder in der Anordnung das eigentliche, die kleinteilige Struktur übergreifende Bild erzeugen, oder die gereiht erscheinen und sequentielle Wirkungen erzielen.
Außerdem besteht ein grundsätzlicher Zweifel an der Repräsentation. Dies wird nirgendwo deutlicher als in den „Matrosen”-Bildern. Die Augen, die Lippen von Männern: offensichtlich dienten Fotoserien oder Filmstills als Vorlage. Das Motiv ist dann aber durch verschiedene Kopiervorgänge so stark abstrahiert, dass die physiognomischen Details nur noch als Signale erkannt werden können: ein Ausdruckstypus, kein Individuum. Das Handwerkliche in der malerischen Ausführung verstärkt einerseits die Entfremdung des Bildes von seinem Vor-Bild, andererseits führt sie ein traditionelles Element der Malerei ein: die Präsenz des Malens im Bild. Yo sucht nach einem Weg, jenseits aller medialen Anonymisierung von Aussagen dem subjektiven Empfinden zum Ausdruck zu verhelfen. Da bietet sich das unmittelbare Umfeld an, die kleinen Ereignisse, für die Yos Augen durch die Kamera-Erfahrung geschult sind, auf ihrem Weg ins Atelier. Im Foto festgehalten geben sie später eine Matrize für die malerische Geste ab.
Es sind die kleinen intensiven Momente des täglichen Lebens, denen sich Yo malerisch verpflichtet. Die Reproduktionsmedien sind dabei lediglich Hilfsmittel. Im Falle der Matrosen ermöglichen sie eine Distanzierung zum Gegenüber und seine Dienstbarmachung im Sinne der Körperpräsenz in den Medien: fragmentarisiert und auf das Signalhafte reduziert. Trivialisierte Moderne als Ausdruck medialen Lebensgefühls. Die Matrosen sind da, mit allen Einzelteilen, die zur amourösen Befriedigung notwendig sind. Die Künstlerin nutzt rücksichtslos die Aporien von Malerei und Medien- wirklichkeit zur Ausschöpfung subjektiven Erlebniswillens. Der ideale Mann: ein funktionalisiertes Zeichensystem.
Davon unabhängig sind andere sequentielle Arbeiten weniger thematisch aufgeladen. Veränderungen in minimalen Zeiteinheiten breiten sich aus: gedehnte Zeit, die ihre ganze poetische Dichte entfaltet. Oder es wird ein Zeitablauf simuliert mittels Variation eines Motivs auf der Basis von Zufallsstrukturen, die anschließend zu einem vielteiligen Tableau zusammengestellt werden. Diese können sowohl statische Form (Rechteck, Quadrat) als auch rhythmische Figuren annehmen (z.B. den japanischen 5-7-5 Rhythmus). Dabei bewegt sich das Bild immer an der Grenze zur völligen Beliebigkeit. Yo studiert den Moment, in dem das Bild aus dem informationellen Rauschen heraustritt und Gestalt gewinnt.
Welcher Augenblick wäre in seiner Erlebnisqualität intensiver?
Friedemann Malsch